Augenoptische Geräte sind eine Investition, über die man sich im Vorfeld umfassend informieren sollte. Das gilt z.B. für Augenoptiker, die Netzhautuntersuchungen anbieten und sich für eine Funduskamera entscheiden (müssen). Interessierte finden hier eine aktuelle Übersicht zum Angebot der Industrie.
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Bei der Wahl einer Funduskamera spielen verschiedene Faktoren wie etwa die Aufnahmequalität der Netzhautbilder, die Kompatibiltät mit Datenbanksoftwares und weitere Spezifikationen eine entscheidende Rolle. Um Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, die Suche und Auswahl zu erleichtern, hat die DOZ in der Juni-Ausgabe eine umfassende Marktübersicht zu Funduskameras veröffentlicht. Darin finden Sie alle wichtigen Infos zu den Screening-Geräten, die die Industrie derzeit anbietet und worin sich diese unterscheiden.
Die Marktübersicht können Sie hier ganz einfach einsehen und/oder kostenlos downloaden:
Worauf es beim Kauf ankommt und auf was besonders zu achten ist hat sich auch Augenoptikermeister und Geschäftsinhaber Steffen Hermes erst kürzlich bei der Suche nach einer neuen Funduskamera gestellt. Seine Erfahrungen und Learning teilt er mit uns.
Steffen Hermes und Kareen Hermes-Schausten fällten den Entschluss, in Funduskameras für ihren Betrieb zu investieren. Die Geschwister führen gemeinsam die „Hermes. Ihr Brillenspezialist GmbH“ mit immerhin vier Augenoptikgeschäften in Köln. Nachdem sie auf der Liste mit den Pros und Contras bis auf das Minus „Anschaffungskosten“ nur Pluspunkte notiert hatten, war die Entscheidung schnell getroffen: „Wir wollen die Optometrie in unseren Betrieben weiter stärken und sehen dies auch als Investition in die Geschäftsentwicklung. So können wir unsere Kundinnen und Kunden rund um das Thema gutes Sehen bestmöglich betreuen“, erklärt der 61-Jährige.
Für Hermes ist es der Zahn der Zeit, diesen Weg zu gehen und ein interessantes Umfeld für heutige und zukünftige Mitarbeitende zu bieten. Das merkt Hermes übrigens auch deutlich bei Bewerbungsgesprächen: Viele Meisterschulabgänger oder fertig studierte Augen optikerinnen wollen in diesem Bereich arbeiten und fragen gezielt nach den Möglichkeiten der Fundusbetrachtung im Unternehmen. Hermes ist sich bewusst, dass der Fundusbereich eine Gratwanderung sein kann und legt großen Wert auf die richtige Kommunikation in seinen Geschäften. „Wir bieten keine Diagnose an, sondern ein Screening als Gesundheitsvorsorge, um Veränderungen am Auge frühzeitig zu erkennen. Es sind auch schon Kundinnen und Kunden ins Geschäft gekommen und haben danach gefragt“, erzählt Hermes und ergänzt: „Ich glaube, wer beim Thema Screening rastet, hat schon verloren.“
Für ihre Entscheidung, die Funduskamera in den Betrieb aufzunehmen, war allerdings der Wunsch (zukünftiger) Mitarbeitender, in diesem Bereich arbeiten zu können, nur ein Aspekt. Wichtiger war dem Inhaber, dass die Kundschaft sich gut beraten fühlt und auch in Zukunft zu Optik Hermes kommt, wenn es um gutes Sehen geht. Kundenbindung und Kundenversorgung standen daher an erster Stelle. Weitere Entscheidungsfaktoren waren das Frühscreening, der moderne Arbeitsplatz und die Abgrenzung zu den Mitbewerbern. Zudem wurde das Thema im Vorfeld mit der Belegschaft besprochen. Obwohl nicht das Team über die Investition in eine Funduskamera entscheidet, wollte Hermes auch dessen Meinung wissen.
Anschließend hieß es zu recherchieren, welche der vielen auf dem Markt angebotenen Kameras es werden sollte. Bei der Recherche befasste sich Hermes mit den Herstellerinformationen, hörte sich in den ERFA-Gruppen um und sprach mit anderen Augenoptikerinnen und Augenoptikern, die bereits eine Funduskamera im eigenen Betrieb haben. Es war ihm wichtig von seinen Kollegen zu erfahren, welche Erfahrungen diese bisher gesammelt hatten und ob es Punkte gab, die ihnen im Nachgang am Gerät fehlten. Ein generalüberholtes oder gebrauchtes Gerät kam für Hermes nicht in Frage. Auch beim Thema Künstliche Intelligenz oder Telemedizin setzt er verstärkt auf KI (Hermes arbeitet hier mit Retinalyze zusammen). „Es bietet unserem Team eine gewisse Art der Beruhigung, Auffälligkeiten oder Hinweise nicht zu übersehen, wenn die KI zusätzlich die Aufnahmen auswertet“, erklärt der Kölner.
Ein weiterer entscheidender Aspekt bei der Wahl des Geräts war der Hersteller selbst. Hermes wollte ein Unternehmen, das bereits in der Vergangenheit in diesem Bereich tätig war und voraussichtlich auch noch in Zukunft innovativ am Markt präsent sein wird. Ob Bon Optic, Topcon oder Visionix – Hermes setzte sich intensiv mit den Produkten dieser Hersteller auseinander und wählte nach Sichtung aller Informationen drei Favoriten aus. Mit diesen Anbietern nahm er dann Kontakt auf, um Preise zu erfragen und herauszufinden, wie sich die Investition gestalten lässt.
Mit einem fundierten Ranking im Kopf ging es dann im Januar zur Opti, um die Geräte in der Praxis zu sehen und zu testen. Zwei Tage prüfte Hermes die Funduskameras der verschiedenen Hersteller auf Herz und Nieren. Entscheidende Kriterien bei diesem Praxis-Check: Wie ist die Handhabung? Wie sind die Ergebnisse? Wie viel Platz benötigt das Gerät? Außerdem sprach Hermes mit den Firmen über die verschiedenen Paketmöglichkeiten. Er erinnert sich, ein preisaggressives Angebot erhalten zu haben, „aber hier war die Bildqualität im Vergleich zu anderen Herstellern sehr schlecht und vermittelte eher das Gefühl, ein technisch veraltetes Gerät angeboten zu bekommen“. Bei Topcon hingegen fand Hermes die passende Lösung. „Natürlich hätten wir bei einem anderen Hersteller eine Fundus kamera günstiger kaufen können, aber das Gesamtpaket hat für uns nicht gepasst“, erklärt der Inhaber. Mehr als der Kostenfaktor zählte für ihn, dass das Gerät einfach zu bedienen ist, eine gute Bildqualität hat und ein System besitzt, dessen Aufnahme bei der ersten Messung zu 90 Prozent in Ordnung ist. Diese Kriterien erfüllte letztlich die Funduskamera von Topcon am weitesten. Übrigens ist der letztliche Testsieger nicht die Nummer 1 auf Hermes‘ Liste gewesen: Der Vor-Ort-Test ließ ihn seine Meinung revidieren, und so sind inzwischen vier neue Topcon NW500 in seine Geschäfte eingezogen.
Nach dem Kauf der Funduskameras auf der Opti wurden zwei Schulungen für die Angestellten durchgeführt. In der einen ging es um die Bedienung des Geräts, in der anderen um dessen Handhabung. Unter anderem gab es Beispielbilder mit Erläuterungen, worauf zu achten ist und wie die Berichte der KI aussehen. „Die Kunden empfinden die KI-Auswertung als positiv und auch mit der Geschwindigkeit, mit der die Aufnahmen ausgewertet werden, kann die Telemedizin nicht mithalten“, berichtet Hermes. Trotzdem arbeitet er bei auffälligen Bildern zusätzlich mit einem Augenarzt zusammen, um diesen Kundinnen und Kunden eine ärztliche Diagnose anbieten zu können. Die Dienstleistung wird in den Hermes-Betrieben in der Regel ab einem Alter von 50 Jahren oder bei bekannter familiärer Vorbelastung angeboten. Wenn die Kundin kein Screening wünscht oder nicht dafür bezahlen will, wird auch keines durchgeführt. „Ich möchte diese Dienstleistung nicht verschenken, denn es ist auch eine Sache der Wertig keit“, begründet Hermes. Die Technik und der Support funktionierten von Anfang an einwandfrei, nur mit der Men- und Womenpower haperte es anfangs etwas. „Nach der Einführung des Geräts brauchten meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter etwas Zeit, um die richtigen Formulierungen zu finden. Wir wollten weder wie Verkäufer wirken noch zu medizinisch rüberkommen. Mittlerweile hat jeder seine Art gefunden, die authentisch ist und mit der sich die Mitarbeitenden wohlfühlen“, freut sich der Inhaber.
Rückblickend ist Hermes mit seiner Entscheidung sehr zufrieden. Augenoptikerinnen und Augenoptikern, die vor der Frage stehen, welches Gerät sie sich kaufen sollen, rät Hermes, es ihm gleichzutun. „Erkundigen Sie sich, wie zufrieden bekannte Augenoptikerinnen und Augenoptiker mit ihren Geräten sind oder ob ihnen etwas fehlt. Die Hard- und Software sollte auf dem neuesten Stand der Technik sein. Außerdem würde ich mir die engere Auswahl definitiv anschauen und prüfen, ob die Bedienung – provokant formuliert – vom Auszubildenden bis zum Optometristen Master of Science geleistet werden kann“, empfiehlt Hermes. „Und als letzten Schritt muss man sich dann eben entscheiden.“